Die Harrar Kaffee-Karawane
Vor mehr als 12 Jahren begann ich Fachartikel für das Kaffeeblog meines Kollegen Hans zu schreiben. Hans hatte ziemlich erfolgreich einen der ersten Webshops mit Spezialitätenkaffees etabliert – und ich war sein Mann für die Hintergrundinfos. Nach 8 Jahren mit mehr oder weniger regelmäßigen, mehr oder weniger mit Kaffee in Verbindung stehenden Reisen nach Äthiopien wusste ich vermeintlich alles über Kaffee in seinem ursprünglichen Lebensraum.
Derweil mein Gaumen aber gerade in der Lage war, zwischen Tee und Kaffee zu unterscheiden – wenn überhaupt, was angesichts der (damals) verbreitet schlechten Kaffeequalität wenig wundert.
Dann gewann meine Frau bei einem Gewinnspiel eine Saeco Royal – meine Frau gewinnt bei sowas (fast) immer! Ich freu mich immer mit – und noch mehr wie sie sich darüber freut – kurz wir waren beide begeistert – ein Vollautomat – und die Alessi Designer-Herdkanne verschwand im Keller – da steht sie heute noch!
Wir dachten, jetzt kommen viele Freunde und wollen leckeren Kaffee – bis Hans zu Besuch kam: „Bäh, was ist das für eine Plörre, das kann man ja nicht trinken“ – es war der tolle Spezialitätenkaffee aus seinem eigenen Webshop – geröstet von einem geschätzten Kollegen. Lange Gesichter bei uns.
Kurz darauf rief Hans, der mittlerweile von Kanada aus die Geschicke unseres inzwischen gemeinsamen Webshops steuerte, an, ob ich mit wolle auf einen Kaffee-Entdeckungstrip in Äthiopien, organisiert von USAID, er habe da Beziehungen. Hans ist eben ein toller Networker! Ich müsse nur den Flug zahlen,für alles andere vor Ort wäre gesorgt. Da würde ich was lernen – ‚Cupping‘ – Kaffeeverkosten mit den besten Kaffeeröstern und Baristi der Welt.
O.k., das war mal ein Angebot! Den Flug bekam ich dann auch noch bezahlt – dank eines nachfolgenden Beratungsauftrags für ein äthiopisch-deutsches Entwicklungsprojekt.
Einige Wochen später stehe ich in der Lobby des Jupiter-Hotels in Addis Abeba – ein auf modern getrimmtes, überteuertes Potemkin-Hotel in der Nähe des Flughafens. Die Jets starten gefühlt direkt durch die getönten aber nicht schallisolierten Scheiben, die dann so vibrieren, dass im Bad die Marmorapplikationen von der Wand fallen. Da das Personal zu Hause auf dem Boden schläft, weiß es nicht, dass die Matratzen mit den Springfedern nach unten und nicht nach oben aufgelegt werden. Aber – nicht arrogant werden – du bist zum Lernen hier!
In der Lobby haben sich derweil die Cracks der US-internationalen Röster-und Baristaszene, eingefunden, Weltmeister und internationale Champions, angereist aus den Metropolen der Third-Wave of Coffee: Portland – Orgeon, Oslo – Norway, Sebastopol – California, Chicago – Illinois und Freiburg – Black Forest. Etwas schüchtern und erfolglos suche ich erste Kontakte – „uuh Germany – still in the Muckefuck-Age?“ Ich – „Nee, Saeco Royal!“….